
Foto Thomas Bruns, 2007
PERIPHERIE
von Christian Korth
Christian Korth nimmt im Untergrund des Alexanderplatzes eine "plastische" Intervention vor: Gesammelte Überreste banaler Alltagsrituale werden zu Folienpaketen verschweißt und eröffnen Einblick ins Private. Scheinbar geschützt durch eine künstliche Membran, erfährt Intimität ihr "Coming Out" an einem Ort, wo der Einzelne auf die Öffentlichkeit in der Masse trifft.
Pressemitteilung
Zum frühzeitigen Abbau des Kunstwerks „Peripherie“ von Christian Korth im U-Bahnhof Alexanderplatz
Nach nur drei Tagen Verweildauer im U-Bahnhof Alexanderplatz waren die Assemblagen von Christian Korth von Passanten derart beschädigt worden, dass ihr Abbau erforderlich wurde.
Die Gründe der Beschädigungen sind lediglich hypothetisch zu erfassen und scheinen komplexer, als dass man sie schlicht mit „Vandalismus“ abtun könnte.

Foto Thomas Bruns, 2007
Seit 2006 lädt die Arbeitsgruppe „U2 Alexanderplatz“ der NGBK Künstlerinnen und Künstler ein, nicht nur die Hintergleisflächen auf dem Bahnhof der Linie U2 zu gestalten, sondern auch Interventionen in anderen Bereichen des gesamten U-Bahnhofes zu realisieren.
Obwohl auch die Hintergleisflächen in der Regel zu mentalen Auseinandersetzungen Anlass geben - und dies ist auch die Intention einer Kunst, die sich gesellschaftlichen oder politischen Themen widmet - sind insbesondere die Interventionen in einem derart stark frequentierten Transitraum potentiell anderen, „handfesten“ Reaktionen ausgesetzt.
Dennoch haben sich sowohl die Arbeitsgruppe als auch die Künstlerinnen und Künstler immer wieder auf dieses Wagnis eingelassen. Denn nicht zuletzt interessiert beim Genre der temporären Interventionskunst, wie bestimmte Kunstwerke außerhalb eines geschützten Galerieraums wahrgenommen werden. Kunstwerke, die bewusst mit dem vorbei eilenden Passanten rechnen, der die Kunst als eine Art von Störung seines Laufschrittes erfährt, und die ihn zumeist eigene Realitäten, Lebens- oder Arbeitssituationen hinterfragen lassen: „Stolpersteine“ – räumlich und mental. Die Arbeiten von Christian Korth waren Bildnisse knallharter Realitäten. Drei transparente Umhüllungen (eine Tresensituation, ein Schlafplatz und ein Arbeitstisch, alle drei Situationen in gewollt heruntergekommener Verfassung), die – mitten im Strom des Alltags – offenbar reizten, ihre äußere Hülle, ihren Schutz vor der Realität, zu durchstoßen. Dieses Durchstoßen, das zunächst in kleinen Schritten und mit zaghaftem Aufschlitzen erfolgte, eskalierte derart, dass die drei Assemblagen, teilweise ausgeweidet, nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt werden konnten und sich die Arbeitsgruppe „U2 Alexanderplatz“ gemeinsam mit dem Künstler für einen Abbau entschieden.

Foto Thomas Bruns, 2007
© 2007 NGBK